Verzweifelt komisch.
(Neuburger Rundschau vom 27.3.2006)

Die Schauspielerin Eva Zwack ist das „Neuburger Boulevardtheater“ und in dieser Eigenschaft bringt sie immer wieder „Einpersonenstücke“ auf die Bühne des Studienseminars. Am Samstag war Premiere von „Die Schneeköniginnen“, einem „verzweifelt-komischen“ Stück von Kerstin Specht, der Oberfränkin, die 2005 den Marie-Luise-Fleißer-Preis gewonnen hatte. Es ist die Geschichte von zwei Frauen, die jahrelang mit und gegeneinander leben, Schauspielerin die eine, Souffleuse die andere. Was die beiden im Leben zusammenhält und zugleich trennt, ist der Bretterboden, der angeblich die Welt bedeutet. Oberhalb agiert die perfekte „Gefühls- und Textmaschine“, geliebt und bewundert von vielen.

Unterhalb arbeitet die Souffleuse: „Ein Scheiß-Job. Du lebst in dauer-koitaler Spannung auf den Hänger hin – und dann kommt keiner“. Weil sie es nicht auf die Bretter geschafft hatte – „ich war immer schon zu alt für alles“ – blieb nur der Job unterhalb und die bittere Einsicht, dass nur „junges Theater, das zur Reklame
passt“ angesagt ist. Über die Jahre sammeln sich in der kleinen Wohnung in der Lindwurmstraße, wo man „den Schlachthof schon in der Luft schmecken“ kann, die Trophäen neben der Trost spendenden Whiskeyflasche.

Als sich die Schauspielerin dorthin verirrt, passiert das Unfassbare: auf dem Sofa stirbt – ganz unerwartet – die Diva. „Nicht, dass ich ihr nicht schon öfter den Tod gewünscht hätte ...“ und Arsen im Tee wäre doch eine passende „Lebensabschluss- Pointe“, der Souffleuse kommt der plötzliche Tod nicht ungelegen. Sie weiß, was zu tun ist, um eine Schauspielerin zu einem Denkmal zu machen, doch zuerst kommt die Generalabrechnung: Erinnerungen an große Theaterabende, aufregende Auftritte, große Liebschaften und andere Katastrophen. Rückschau auf ein langes verpfuschtes Leben – das könnte ein nicht enden wollender trister Monolog sein, doch für Langeweile ist in Kerstin Spechts Stück keine Zeit. Zwischen Whiskeyflasche und Sessel schlägt die Souffleuse immer wieder eine neue Seite ihrer Lebensgeschichte auf, die schließlich im absurden Rollentausch gipfelt. Eva Zwack hat ihre Rolle im Griff, mit fatalistischer Trockenheit und einem Schuss Selbstironie unterhält sie bis zum bitteren Höhepunkt, ohne den Kontakt mit dem Publikum zu verlieren – eine bewundernswerte Leistung. Das farbfreie Bühnenbild von Franz Appel vermittelt pseudo-klinische Sauberkeit und nebulös-versponnene Atmosphäre. Der Zuschauer hat die Wahl, sich zu amüsieren, sich einspinnen zu lassen oder cool zu bleiben, wie die Schneekönigin.

Foto und Text von Annemarie Meilinger

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