Eine Marlene für alle Fälle
(NEUBURGER RUNDSCHAU vom 3.3.2008)
von Barbara Feneberg

Eva Zwack spielt gern schräge Frauenfiguren. Philosophierende Hausfrauen, erschöpfte Schauspielerinnen und jetzt eben: Marlene, eine Kummerkastentante auf der Suche nach sich selbst.

Marlene ist eine aufgeweckte Person mit einer beruflichen Neugier am Privatleben anderer Menschen: Unter "info@marlene-hilft.de", so auch der Titel des selbst geschriebenen Zwack-Stückes", trudeln hunderte von E-Mails ein. Menschen auf der Suche nach Rat: eine Nonne braucht Hilfe beim Gelübde, eine 16-Jährige Hilfe bei der vermeintlich großen Liebe und eine Ehefrau will nach 20 Ehejahren ganz genau wissen, "wie das denn mit dem Sex eigentlich nun geht?"

Fragen, die man üblicherweise mit seiner besten Freundin diskutiert, landen bei Marlenes. Sie antwortet gegen Pauschale, zur Not auch am Telefon: "Haben Sie Sorgen, haben Sie Kummer? Erst die Bezahlung, dann meine Nummer" - ist ihr Motto.

Aber Marlene bester Geschäftspartner ist ihr Laptop mit Namen "Pussycat". Ein schnurrender Computer, der nach lautstarken Beschimpfungen ausnahmsweise mal nicht abstürzt und jede Körperlage auf dem Sofa mitmacht.

Eva Zwack hat es sich mit ihrem selbst gewählten Plot nicht einfach gemacht. Wie liest man E-Mails vor, ohne sein Publikum zu langweilen? Wie bringt die Schauspielerin auf die Bühne, was sie normalerweise stillschweigend in die Tastatur hämmert?

Es ist eine Hürde, die Eva Zwack gekonnt nimmt. Sie verleiht jedem Kummer-Klienten eine eigene Stimme und Note: Einmal ist der unbekannte Absender Schwabe, dann ein Bayer, später eine Frau mit hoher Stimme. Marlenes Antworten bleiben prägnant und somit kurzweilig für die Zuschauer im voll besetzten Theater im Studienseminar.

Neben den scheinbar belanglosen Problemen der E-Mail-Schreiber entpuppt sich so ganz nebenbei Marlenes eigenes Privatleben als Baustelle, genauso chaotisch wie ihre Wohnung (Bühnenbild Raphael Maria Stieler, Eva Zwack). Hugo, Marlenes Ex, terrorisiert seine Ehemalige per Telefon und treibt sie zur Flucht: Bei Freundin Susi verändert Marlene nicht nur ihre Haarlänge und -farbe (von kurz und brünett zu lang und schwarz). Dort wird sie zur Wahrsagerin, die ihren Kunden für 50 Euro eine positive Zukunft verkündet - per Pendel, Karten oder Glaskugel,

Egal ob Kummerkasten oder Medium: Eva Zwack unterhält mit ihrem neuen Stück ganz unbeschwert, spielt aber hinter all der bunt inszenierten Komik auch auf eine Entwicklung unserer Zeit an: Das Internet ersetzt soziale Kontakte. Lieber suchen wir Rat bei Fremden im Netz, als einem Freund einzugestehen, dass man Probleme, Sorgen oder einfach nur eine Frage hat.

Auch wenn die ganz großen Lacher ausbleiben: In Zwacks Stück gibt es viel zu schmunzeln. Vielleicht auch, weil dem Zuschauer bestimmte Sorgen verdammt bekannt vorkommen. Oder weil man froh ist, sie nicht zu haben.

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